Im Vorfeld der anstehenden Bundestagswahl lud der Jugendkreistag Bamberg am 24. Januar zu einer Podiumsdiskussion mit Vertretern der fünf am stärksten im Kreistag vertretenen Parteien ein. Unter dem Motto „Your Voice, Your Choice – deine Stimme, deine Themen, deine Fragen an die Parteien“ nahmen rund 80 vor allem junge Gäste an der vom Bildungsbüro des Landkreises organisierten Veranstaltung im Bürgersaal Stegaurach teil. In einer engagierten und konstruktiven Diskussion konnten sie sich mit Vertretern aus fünf politischen Parteien über die bevorstehende Bundestagswahl austauschen.
„Your Voice, Your Choice“ stand ganz im Zeichen der demokratischen Werte und der politischen Teilhabe von Jugendlichen. Moderator Marc Peratoner von Radio Bamberg führte durch die abwechslungsreiche Diskussion, bei der die Politiker Constantin Rudrof (CSU), Thomas Ochs (Grüne), Ali-Cemil Sat (SPD), Jens Herzog (Freie Wähler) und Michael Weiß (AfD) ihre Standpunkte zu aktuellen Themen darlegten. Die Schwerpunktthemen Außenpolitik, Wirtschaft, soziale Gerechtigkeit und Jugendbeteiligung wurden durch Impulsfragen von Mitgliedern des Jugendkreistags eröffnet.
Zu Beginn führte Kreisjugendpfleger Oliver Schulz-Mayr die Teilnehmenden kurz in das Wahlsystem und die Neuerungen durch die Wahlrechtsreform ein und betonte dabei die Bedeutung der Wahlbeteiligung: „Eure Stimme zählt!“
Nach rund zwei Stunden Diskussion zog Jugendkreisrat und Initiator Marcel Zöcklein ein positives Fazit: „Es war uns besonders wichtig, den jungen Teilnehmenden aufzuzeigen, wie bedeutend ihre Stimme ist und dass sie sich in die politische Diskussion einbringen können. Die Veranstaltung hat einmal mehr gezeigt, wie relevant es ist, Demokratie und politische Teilhabe aktiv zu fördern.“
„Wichtig war uns zudem, klar und deutlich die Werte des Jugendkreistags zu kommunizieren“, ergänzte Jugendkreistagssprecherin Yeva Kravets. „Wir stehen ein für Toleranz, Vielfalt und Respekt und möchten alle Menschen dazu ermutigen, ein Zeichen für eine starke Demokratie zu setzen und wählen zu gehen.“
Faktencheck zur Podiumsdiskussion
Für einige Aussagen in der Podiumsdiskussion wurde ein Faktencheck gewünscht. Hier kommen wir diesem Wunsch gern nach.
„Deutschland ist bei der PISA-Studie von Platz 5 auf Platz 25 gerutscht.“ - Michael Weiß (AfD)
Falsch.
Die Behauptung, Deutschland sei in der PISA-Studie von Platz 5 auf Platz 25 abgerutscht, ist unzutreffend. Die PISA-Studien der OECD bewerten die Kompetenzen 15-jähriger Schüler in Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften anhand von Punktwerten und erstellen keine festen Ranglisten. Im Teilbereich Mathematik belegt Deutschland in der PISA-Studie Platz 25. Einen fünften Platz erreichte Deutschland in diesem Bereich bisher nicht. Die Aussage ist daher faktisch falsch.
Quellen:
Wikipedia – Die freie Enzyklopädie
Das Deutsche Schulportal
„Jemand, der nicht arbeitet, hat nahezu genauso viel Geld wie jemand der arbeitet. Das kann nicht unser Leistungsgedanke sein: Die Wirtschaft kann nur wachsen, wenn wirklich jeder sich anstrengt.“ - Constantin Rudrof (CSU)
"Ein Bürgergeldempfänger, verheiratet und mit zwei Kindern, bekommt genauso viel Geld wie jemand, der arbeitet." - Michael Weiß (AfD)
"Ein Bürgergeldempfänger, verheiratet und mit zwei Kindern, bekommt genauso viel Geld wie jemand, der arbeitet." - Michael Weiß (AfD)
Irreführend.
Die Aussage, dass ein Bürgergeldempfänger mit Ehepartner und zwei Kindern genauso viel Geld erhält wie jemand, der arbeitet, ist irreführend. Die Höhe des Bürgergeldes für eine vierköpfige Familie setzt sich aus den Regelsätzen für die Eltern und Kinder sowie den Kosten für Unterkunft und Heizung zusammen. Ab Januar 2025 betragen die Regelsätze pro Elternteil 506 Euro, für Kinder zwischen 6 und 13 Jahren 390 Euro und für Kinder zwischen 14 und 17 Jahren 471 Euro. Dies ergibt einen Gesamtregelsatz von 1.873 Euro für eine Familie mit zwei Kindern im Alter von 8 und 16 Jahren, zuzüglich der angemessenen Wohn- und Heizkosten.
Quelle: Bürgergeld
Zum Vergleich: Das durchschnittliche Bruttomonatsgehalt eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers in Deutschland lag im Jahr 2023 bei etwa 4.500 Euro. Nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben verbleibt ein Nettogehalt, das je nach Steuerklasse und individuellen Faktoren variiert.
Quelle: Statista
Es ist wichtig zu beachten, dass das Bürgergeld das Existenzminimum sichern soll und nicht darauf abzielt, das Einkommen aus Erwerbstätigkeit zu ersetzen. Zudem können erwerbstätige Personen Anspruch auf zusätzliche Leistungen wie Kinderzuschlag oder Wohngeld haben, die das verfügbare Einkommen erhöhen. Die Aussage vernachlässigt diese Faktoren und vermittelt daher ein verzerrtes Bild der tatsächlichen finanziellen Situation von Bürgergeldempfängern im Vergleich zu Erwerbstätigen.
"Über 70 Milliarden Euro gibt der deutsche Staat für Subventionen in fossile Brennstoffe aus." - Thomas Ochs (Grüne)
Korrekt.
Die Aussage, dass der deutsche Staat über 70 Milliarden Euro für Subventionen in fossile Brennstoffe ausgibt, basiert auf Schätzungen des Internationalen Währungsfonds (IWF). Der IWF berechnete für das Jahr 2020 Subventionen in Höhe von etwa 70 Milliarden Euro für fossile Energieträger in Deutschland. Diese Berechnung umfasst sowohl direkte finanzielle Unterstützungen als auch indirekte Subventionen, wie beispielsweise die Nichtberücksichtigung externer Kosten durch Umwelt- und Gesundheitsschäden.
Quelle: diw.de
Andere Studien kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen. Das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) ermittelte in einer Studie aus dem Jahr 2017 jährliche Subventionen von über 46 Milliarden Euro für fossile Energieträger in Deutschland. Diese Analyse berücksichtigt direkte finanzielle Unterstützungen und Steuervergünstigungen, jedoch nicht die externen Kosten durch Umwelt- und Gesundheitsschäden.
Quelle: foes.de
Die Diskrepanz zwischen den genannten Beträgen resultiert hauptsächlich aus unterschiedlichen Definitionen und Berechnungsmethoden von Subventionen. Während der IWF einen umfassenderen Ansatz wählt und auch die indirekten Subventionen durch nicht internalisierte externe Kosten einbezieht, konzentrieren sich andere Studien auf direkte finanzielle Unterstützungen und Steuervergünstigungen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Höhe der Subventionen für fossile Brennstoffe in Deutschland je nach Definition und Berechnungsmethode variiert. Die Angabe von über 70 Milliarden Euro basiert auf einer umfassenden Betrachtung, die sowohl direkte als auch indirekte Subventionen berücksichtigt.
„Es gab zum Ende des kalten Krieges die Zusicherung an die Sowjetunion, dass die NATO sich nicht weiter in Richtung ihrer Grenzen ausdehnen wird.“ - Michael Weiß (AfD)
Strittig und je nach Perspektive unterschiedlich
Die Aussage, dass es zum Ende des Kalten Krieges eine Zusicherung gab, die NATO werde sich nicht nach Osten ausdehnen, ist umstritten und wird unterschiedlich interpretiert.
Westliche Sichtweise:
Nach westlicher Lesart gab es keine formale Vereinbarung, die NATO-Erweiterung zu stoppen. In den Verhandlungen zur deutschen Wiedervereinigung 1990 diskutierten westliche und sowjetische Diplomaten, wie ein geeintes Deutschland in die NATO integriert werden könnte. Dabei fielen Aussagen westlicher Politiker, etwa von US-Außenminister James Baker, die eine „Ausdehnung der NATO nicht einen Inch nach Osten“ thematisierten. Diese Äußerungen bezogen sich jedoch laut westlicher Darstellung nur auf Ostdeutschland. Es gab keine schriftlich fixierten oder völkerrechtlich bindenden Vereinbarungen, die die NATO-Erweiterung über die ehemaligen Grenzen der DDR hinaus untersagt hätten.
Russische Sichtweise:
Aus russischer Perspektive interpretiert man die Gespräche von 1990 als implizite Zusicherung, dass die NATO nicht in die osteuropäischen Staaten expandieren würde. Viele russische Politiker, einschließlich Präsident Wladimir Putin, verweisen darauf, dass der Westen dieses „Versprechen“ gebrochen habe, als die NATO seit 1997 Länder wie Polen, die baltischen Staaten und weitere ehemalige Ostblockstaaten aufnahm. Dies wird in Russland als Bedrohung der nationalen Sicherheit empfunden.
Fazit:
Obwohl es diplomatische Äußerungen gab, die ein Stillhalten der NATO nahelegen könnten, existiert keine schriftlich fixierte oder völkerrechtlich bindende Vereinbarung dazu. Die Meinungsverschiedenheiten resultieren aus unterschiedlichen Interpretationen und dem politischen Kontext der Zeit. Die wichtigste Quelle hierzu ist die Veröffentlichung von US-Akten, etwa durch die National Security Archive der George Washington University, sowie Protokolle westlicher Verhandlungsführer.
Quellen: National Security Archive (nsarchive.gwu.edu).